Bildbearbeitung – Mogelei oder Must Do?

Orgel

Bisher habe ich immer nur am Rande meiner Begeisterung Ausdruck verliehen, wenn es darum ging, welche (fast) unbegrenzten Möglichkeiten ein raw-Konverter wie Lightroom bietet, um das bestmögliche aus Fotos herauszuholen.
Aber nun habe ich mich dazu entschieden, doch noch ausführlicher auf das Thema Bildbearbeitung einzugehen und den Werdegang meiner Denkweise darüber zu schildern.

Irgendwie ein Widerspruch

Bevor ich vor 1 1/2 überhaupt anfing, in raw zu fotografieren, vertrat ich vehement die Auffassung, dass Bilder gefälligst so auszuschauen haben, wie man es vor Ort angetroffen hat. Ich habe bis dahin allenfalls mal ein Bild begradigt, die Helligkeit angepasst oder ein störendes Objekt – wie beispielsweise ein parkendes Auto neben einer bayerischen Kapelle – weggestempelt … Wie jetzt?! Da fängt es doch im Grunde schon an und ich habe mir jetzt selbst widersprochen, oder? :-)

Insgeheim habe ich Fotografen beneidet, die dynamische und stimmungsvolle Landschaftsbilder oder faszinierende Tierportraits geschaffen haben. Dass dahinter nicht nur – wenn auch größtenteils – fotografisches Können sondern auch ein gewisses Know-How bei dem abschließenden Feintuning steckt, war mir bis dato nicht bewusst. Warum gelingen mir solche Aufnahmen nicht?

Equipment ist schuld, oder?

Naja, ein kleines bisschen. Also nichts gegen die Panasonic DMC-TZ8, ich war anfangs wirklich total begeistert von ihr. Zumal es mit ihr endlich gelang, unsere schwarze Katze vernünftig abzulichten. Das war aufgrund ihrer Fellfarbe oft eine Herausforderung.

Sie hat mir jahrelang gute Dienste geleistet, bis zu dem Punkt, als ich fast ausschließlich versuchte, mit manuellen Einstellungen zu fotografieren.
Naja, und dann stieg das Bedürfnis, endlich eine „richtige Kamera“ zu besitzen. Hieß also für mich, dass die Anschaffung einer Spiegelreflex- oder Systemkamera mit Wechselobjektiven unvermeidbar war.

Nach dem Kauf der Sony Alpha 58 fing ich auch direkt an, in raw und anfangs noch gleichzeitig in jpg zu fotografieren. Das war mit der Panasonic nicht möglich. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, endlich mehr Einfluss auf meine Fotomotive nehmen zu können. So hatte ICH es fotografiert und nicht die Kamera – bis zu einem gewissen Grad.

So wie es vor Ort ausschaut, sieht es auf Fotos oft gar nicht aus

Und dann gab es immer noch die (enttäuschenden) Momente, wenn ich mir meine Aufnahmen auf dem Laptop betrachtete. “Warum ist der Vordergrund so dunkel?” oder “Warum ist der Himmel so überstrahlt?” Das sah doch live ganz anders aus.

Darin liegt ganz klar der Vorteil im raw-Dateiformat, da man den Dynamikumfang eines Bildes bei der Bildbearbeitung voll ausreizen kann. Stichwort: „Lichter heruntersetzen“ und „Tiefen erhöhen“.

Schwierige Lichtbedingungen

Es ist nun einmal so, dass die Kamera sich auf den Lichtbereich “konzentriert”, den man insbesondere durch Spotmessung fokussiert und entsprechend die Belichtung anpasst. Also ist beispielsweise bei Gegenlichtaufnahmen entweder der Himmel überstrahlt, dafür der Vordergrund schön ausgeleuchtet oder ich habe einen strahlend blauen Himmel mit Sonnenstern dafür ist der Vordergrund abgesoffen.

Sonnenaufgang in Iserlohn-SümmernMit einer Belichtungsreihe kann man dem entgegenwirken, aber auch hierbei ist eine abschließende Bildbearbeitung unerlässlich.

Insbesondere bei solchen Aufnahmen habe ich Lightroom mittlerweile lieben gelernt. Und dank etlicher Tutorials im World Wide Web und ständigem Ausprobieren denke ich, kann ich mit dieser Software mittlerweile ganz gut umgehen.

Foto war eigentlich Schrott

Nun erlebe ich es hin und wieder einmal, dass ich Motive vor die Linse bekomme, von denen ich meine, dass sie so schnell nicht wiederkommen werden. Fotografie ist bei mir eben wie bei den meisten Hobbyfotografen Feierabend-, Wochenend- und Urlaubsbeschäftigung. Daher stehen Zoobesuche nicht oft auf der Tagesordnung. Und mal eben um die Ecke befindet sich hier bei mir leider kein Zoo.

Daher habe ich mich in meinen Grömitz-Urlauben immer total auf „Arche Noah“ gefreut.

Aber wie das eben so ist … bei einem Besuch habe nicht einmal annähernd einen Blick auf die Panther erhaschen können, bei einem anderen lagen sie direkt vor mir.

Oder beim ersten Mal hielten sich die Schimpansen vorzugsweise im Affenhaus auf, beim zweiten Mal konnte ich ein paar Aufnahmen von ihnen im Außengehege machen. Glücklicherweise ist dieser Zoo nicht so groß, so dass ich mehrere Runden drehe oder auch einfach mal abwarte.

Lichtverhältnisse

Nun ist es im Hochsommer und bei Öffnungszeiten, die nicht in die Abendstunden reichen sehr schwierig, lichttechnisch das optimale Foto zu schießen. Vor allem wenn das Motiv von der Sonne angestrahlt wird. Hinzu kommen Besucher, die im Weg stehen oder Käfigumbauten, die die Sicht versperren.

Daher weiß ich, dass viele der Zoobilder nicht wirklich gelungen sind. Aber insbesondere die Mimik und Körperhaltung der Schimpansen haben mich sehr berührt. Außerdem saß der Fokus meines Erachtens recht gut. Deswegen habe ich mich nach einem ¾ Jahr noch einmal mit ihnen befasst und festgestellt, dass da noch einiges herauszuholen ist.

Ich gebe zu, dass das Bild nicht mehr zu 100 % mit meiner originalen Wahrnehmung vor Ort übereinstimmt. Aber ist es dann nicht legitim, wenn ich dadurch eine Aufnahme erziele, bei der ich mir sogar vorstellen könnte, sie vergrößert an die Wand zu hängen?

Schimpanse 1 vor 1/2 Jahr bearbeitet

Schimpanse 1 vor 1/2 Jahr bearbeitet

Schimpanse 1 aktuelle Bearbeitung

Schimpanse 1 aktuelle Bearbeitung

Schimpanse 2 vor 1/2 bearbeitet

Schimpanse 2 vor 1/2 bearbeitet

Schimpanse 2 aktuelle Bearbeitung

Schimpanse 2 aktuelle Bearbeitung

 

 


Zusammenspiel von Auge und Hirn des Betrachters

Ich habe einiges über die oft unbewusste Wahrnehmung eines Bildes erfahren. Z. B. dass

  • Licht den Blick auf sich zieht und das manchmal suboptimal;
  • es ein Unterschied ist, ob es sich um steigende bzw. abfallende Linien z. B. an einem Berghang handelt und sie von links oben nach rechts unten oder umgekehrt verlaufen, da dadurch ein ganz anderer Eindruck vermittelt werden kann;
  • die Blickrichtung eines Fußgängers oder Radfahrers eine Rolle spielt, ob sie augenscheinlich aus dem Bild hinaus- oder eben hineinlaufen. Das soll mit unserer westlich orientierten Schreibweise – von links nach rechts – zusammenhängen. Daher kann die Bildwirkung in arabischen und ostasiatischen Ländern wiederum eine ganz andere sein;
  • mit derartigem richtungsbestimmten Bildaufbau sogar negative oder positive Gefühle ausgelöst werden.

Ich finde das wahnsinnig spannend, aber auch sehr komplex und noch etwas undurchsichtig. Daher bin ich noch weit davon entfernt, alle Faktoren bereits beim Fotografieren einbeziehen zu können.

Gegebenenfalls muss letztendlich bei der anschließenden Bildbearbeitung meine eigene Wahrnehmung für die Beurteilung herhalten. Und oft reicht es dann schon aus, den Bildausschnitt zu verändern und/oder die wesentlichen Bestandteile des Bildes aufzuhellen.

Frank Fischer ist ein Fotograf und YouTuber, dessen Bildkritiken ich mir angeschaut und echt gestaunt habe, welche Fehler er in Bildern aufspürt. Das sind häufig Details, die er dann in seinen Bildbesprechungen gnadenlos anprangert, die mir aber oft gar nicht aufgefallen wären. Das eine oder andere Mal schoss mir aber auch durch den Kopf „Mein Gott, ist der pingelig.“ ;-)

Bezogen auf die obengenannte unbewusste Wahrnehmung spricht er auch häufig das Thema „Spiegelung“ an. Bis dahin wäre ich nie auf die Idee gekommen ein Bild zu spiegeln. Ich werde es wohl aber wohl in Zukunft einfach mal in Betracht ziehen.
Somit haben mir diese Bildkritiken sehr geholfen, um auch meine eigenen Bilder genauer zu hinterfragen.

Anfangs zaghaft, jetzt mutiger

Ich würde sogar so weit gehen, dass Bildbearbeitung in fast allen Fällen nicht nur legitime Manipulation sondern ein absolutes Muss ist. So oft sehe ich tolle Bilder z. B. auf Flickr oder Facebook, bei denen ich manchmal denke „Hach, mit etwas mehr Kontrast und Helligkeit wäre das Bild DER Hammer“.

Aber letztendlich liegt das ja im Auge des Betrachters, oder? :-)

Die Autorin:

Sylvi

Meine Beiträge beinhalten eigene Erfahrungen über Soft- und Hardware, Social Media und die ich als WordPress-Bloggerin und Joomlanerin gesammelt habe. Zudem widme ich mich dem schönen Hobby "Fotografie".

18 Kommentare

  • Toller Beiteag, den ich so unterschreibe. Ich bin immer wieder aufs neue fasziniert, was man mut Lightroom aus einem RAW raus holen kann. So entstehen bei mir auch immer wieder neue Versionen, von nur einem Bild.

    Den Videochanel mit den Bildbesprechungen kannte ich noch gar nicht, den werde ich mir mal in Ruhe anschauen.

    LG Thomas

    • Hallo Thomas,

      ganz lieben Dank. Ich hatte damals mit Capture One angefangen, das auch eine gute Software ist und ich bekomme gerade mit, dass einige Fotografen von Lightroom auf CO umsteigen, weil es in letzter Zeit lahmen soll. Allerdings komme ich mit LR besser klar und finde es selbsterklärender. Außerdem muss ich in der Regel nicht 100te an Fotos importieren und bearbeiten – außer vielleicht nach einem längerem Urlaub.
      Für mich ist es momentan immer noch DER Raw-Konverter schlechthin.

      Ich schaue mir gerne auch von anderen Fotografen Bildbesprechungen an finde aber, dass die von Frank am aussagekräftigsten sind.
      Ach ja und dann habe ich mir auch die von Thomas Leuthard und Thomas Adorff “angetan” – obwohl Streetfotografie nicht so mein Genre ist. Ich habe sie mir aber aufgrund der Länge etappenweise angeschaut. ;-)

      Lieben Gruß
      Sylvi

  • Ja … so ist das :)
    Wer einmal mit der Bildbearbeitung angefangen hat, der hört so schnell nicht mehr damit auf. Alte Bilder neu bearbeiten mache ich auch manchmal und bin dann auch total erstaunt, was noch alles geht :)
    Und ja, ich spiegle gar nicht mal soo selten.
    Die Sache mit der Wahrnehmung ist allerdings echt nicht so einfach, scheinbar nimmt ein Rechtshänder führende Linien schon anders wahr als ein Linkshänder, obwohl es dieselbe Kultur ist!
    Ich sag mir aber immer, dass das Bild in erster Linie mir gefallen muss und gut is!

    Liebe Grüße und danke für die Verlinkung,
    Marc

    • Hej Marc,

      ich habe mir sogar ganz alte jpegs vorgenommen und war echt erstaunt, was selbst bei ihnen noch mit Lightroom herauszuholen ist.
      Das Thema “Spiegelungen” war mir total neu.
      Und natürlich hast Du recht und man kann ja schön im Netz verfolgen, wie unterschiedlich Bilder bewertet werden. Als Anfänger hört man vielleicht noch öfter auf andere Fotografen, wenn es sich um konstruktive Kritik handelt. Aber man entwickelt sich ja weiter, wird eventuell auch immer selbstkritischer und weiß, was an einem Foto nicht ganz perfekt ist und von wem man Kritik annehmen möchte. ;-)

      Lieben Gruß und sehr gerne,
      Sylvi

      • Stimmt, JPEGs sind besser als der Ruf. Wobei es hier auch krass auf die Kamera ankommt. Ein JPEG aus der Alpha gibt oft genug her für die Bearbeitung, wobei ich bei 10 Jahre alten JPEGs schon sehe, dass der Dynamikumfang des Sensors am Anschlag war und einfach nix mehr da ist :)

  • Ich war ja zu Beginn meiner fotografischen Hobby-Laufbahn auch ein absoluter “bloß nicht Nachbearbeiten”-Verfechter. Irgendwie war ich immer der Meinung, dass es die Kunst des Fotografierens ist, ein Bild so einzufangen wie man es sieht. Dass das allerdings kaum möglich ist, habe ich erst später erfahren. Sehen, tut man eine Szene eh immer ein wenig anders, als es dann am Foto rauskommt.

    Mittlerweile wird jedes Foto von mir in Photoshop nachbearbeitet und wenn es nur – wie du auch schon geschrieben hast – ein wenig Kontrast ist.

    Nachbearbeiten ist wirklich eine tolle Sache. Mir selbst macht es sehr viel Spaß ein bisschen rumzuprobieren und man kann auch aus einem “nicht so gut”-geschossenen Bild wirklich einiges rausholen. Abhängig vom Bild – mal mehr mal weniger. :)

    Ganz liebe Grüße

    • Hallo FrauHeldin,

      ich denke, die Einstellung, Fotos so zubelassen wie sind, stammen noch aus jpg-Zeiten, weil sie ja im Grunde schon bearbeitet aus der Kamera kommen. Raw sieht frisch aus der Kamera teilweise noch recht blass aus.
      Und eigentlich fängt die “Schummelei” schon beim Fotografieren an. Da wird schon einmal mit einer Taschenlampe nachgeholfen oder ein Reflektor einsetzt. Mit solchen Hilfsmitteln versucht man letztendlich auch, die Situation aufzupimpen.
      Mit Photoshop beginne ich gerade erst. Nach anfänglichen Widerstreben mit Ebenen arbeiten zu müssen, fängt es aber an, mir Spaß zu machen :-). Aber auch mit Lightroom sind bereits tolle Effekte und Lichtstimmungen möglich.
      Danke für Dein Feedback.
      Lieben Gruß
      Sylvi

    • Hej Timo,

      danke schön und das Kompliment kann ich stante pede zurückgeben – tolle Fotos machst Du. :-)

      Lieben Gruß
      Sylvi

  • Hallo Sylvi,

    mit einer Nachbearbeitung der Fotos reduziert man den Ausschuss erheblich. Kontrast, Unscharf maskieren, Tiefenlichter und Rauschen reduzieren sind für mich die gängigsten Bearbeitungen. Auch die ganzen Kabel an historischen Bauten, nebst unliebsamen Personen, werden weggestempelt.

    Liebe Grüße
    hansen

    • Hej hansen,

      das sind auch meine grundlegenden Bearbeitungsschritte. Natürlich versuche ich möglichst mit niedrigen ISO-Werten zu fotografieren, aber in manchen Situationen ist das eben nicht möglich, möchte aber eine Situation trotzdem einfangen. Und dann ist es doch toll, wenn man mit einer Bearbeitung das “Problem” eindämmen kann.
      Mittlerweile habe ich ein bisschen mehr Übung in Lightroom und mir kürzlich noch einmal ältere Zoo-Fotos vorgenommen, die bei furchtbarem Licht (Sommer, Sonne, frühnachmittags) gemacht wurden.
      Ich bin echt begeistert, dass man solche “Schrottfotos” noch einigermaßen retten kann. Naja und vielleicht gelingen mir dann ja irgendwann einmal Fotos unter günstigeren Umständen. Aber so häufig besuche ich keinen Zoo. :-)
      Bei dem Stichwort “wegstempeln” musste ich glatt lachen. Da habe ich mal vor einem Industriedenkmal eine alte Batterie weggekickt und sie bei einem anderen Motiv und anderer Position total übersehen. Bevor so etwas das Bild verhunzt, finde ich eine Retusche absolut legitim. :-)

      Lieben Gruß
      Sylvi

      • Hallo Sylvi,

        mittlerweile sind ja die Filter bei Adobe schon richtig ausgereift. Habe vor Jahren bei Panoramabildern (zusammengesetzt aus mehreren Bildern) Tage gebraucht, um ein sauberes Gesamtbild zu bekommen. Am Himmel hatte man da noch die Zusammenfügung gesehen. Jetzt geht das automatisch und es sind nur kleine Korrekturen nötig.
        Ohne Bearbeitung wären die Schrott gewesen.

        Liebe Grüße
        hansen

        • Hej hansen,

          die Panoramafunktion habe ich bis jetzt nur kurz ausprobiert, aber bin schon gespannt, wenn ich mein erstes richtiges Panorama in Lightroom erstelle. Bisher habe ich aber nur positive Reaktionen darüber gesehen bzw. gelesen.
          Und jetzt wird auch noch die NIK-Filter Collection kostenlos zum Download angeboten. Da macht Bildbearbeitung echt Spaß, auch wenn ich diese Filter nur hin und wieder anwende.

          Lieben Gruß
          Sylvi

          • Hallo Sylvi,

            das mit dem Panoramabild musst Du probieren, ist eine spannende Sache. Kenne das Lightroom nur vom Testen, daher weiß ich jetzt nicht, ob Panoramabilder über 30.000 Pixel Breite machbar sind. Bei Photoshop Elements ist da Schluss.

            Liebe Grüße
            hansen

          • Hallo Hansen,

            jetzt hast Du mich richtig neugierig gemacht. Ich denke, im Frühling werde ich das mal in der Sauerländer Hügellandschaft testen. :-)

            Lieben Gruß
            Sylvi